Dienstag, 7. Mai 2013

Der Fall Hoeneß: Wurst und Moral

Da waren sie auf einmal alle schockiert. Selbst Bundesmutti Merkel ließ über ihren Pressesprecher mitteilen, sie sei von ihrem Amigo Uli Hoeneß "enttäuscht". Weil auch der sich in die Liste der korrupten, reichen Steuerhinterzieher einreiht. Dabei hätte doch klar sein müssen: Ein Mann, der mit dem Leid, Tod und der grausamen Ausbeutung von Tieren Geschäfte macht, von dem darf man auch sonst kein moralisches Verhalten erwarten. 

Unmoralische Wurst  Quelle: Tim Reckmann  / pixelio.de
Der große Wurstlobbyist und Präsident des Fußballvereins FC Bayern München, Uli Hoeneß, hat sich immer wieder gern als das moralische Gewissen der Republik aufgespielt. Und die konservativen Politiker, allen voran Horst Seehofer, haben ihn dafür geliebt - schließlich hat er aus seiner Nähe zur bayerischen Amigo-Partei CSU nie einen Hehl gemacht. Korruption war immer schon eine Kernkompetenz der CSU - die gerade ihren neuesten Skandal hat, um Landtagsabgeordnete, die ihre Familienmitglieder auf Staatskosten "beschäftigten" - wen wundert es da, dass auch Spezl Hoeneß korrupt gehandelt hat. Seine Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe ist wohl kaum ein Zeichen später Reue, sondern viel mehr der Hoffnung auf Strafminderung geschuldet.

Nie bestraft wird Hoeneß in unserem "Rechtsstaat" dagegen für sein mörderisches Geschäft jenseits des Fußballs werden: Die Produktion von Würsten. Denn Mord an Tieren ist hierzulande - im Gegensatz zu Steuerhinterziehung - kein Verbrechen. Und Hoeneß hat immer klar Stellung bezogen gegen die Menschen, die das möglicherweise anders sehen. Jene Menschen, die sich erdreisten, keine Wurst zu essen: Vegetarier.

"Ich habe noch keinen Vegetarier gesehen, der gelacht hat. Die sind schlecht gelaunt, weil sie sich jeden Tag damit beschäftigen, was sie alles nicht essen sollen. Ich dagegen habe Spaß, weil ich dauernd daran denke, was ich alles essen kann", ließ der adipöse Choleriker laut Nordwestzeitung vor 750 geladenen Gästen in der  Cloppenburger Stadthalle verlauten. Und er polterte noch weiter: "Es ist noch niemandem gelungen, auch den Biofetischisten nicht, ein Schwein totzuschreien." Wer sich ohne Anlass zu solchen Aussagen hinreißen lässt, der zeigt, dass er ganz offensichtlich nicht mit sich im Reinen ist.

Es ist ein allgemein zu beobachtendes Verhaltensmuster, das jeder Vegetarier kennt: Wer mit Fleischessern am Tisch sitzt, muss sich ständig dafür rechtfertigen, was er NICHT isst. Das hat einen bestimmten Grund: Eine Studie, über die auch die Süddeutsche Zeitung berichtet hat, ermittelte, dass Fleischesser sich von Vegetariern moralisch angegriffen fühlen und diese deshalb anfeinden - selbst dann, wenn die Vegetarier ihre Ernährungsform überhaupt nicht thematisieren. Das ist ein uraltes Muster der Verdrängung: Andere schlecht machen, um sich selber besser zu fühlen, weil man insgeheim weiß, dass man eigentlich das eigene Verhalten ändern müsste. So entstand auch der unsäglich zynische Begriff  des "Gutmenschen". Ein Totschlagwort, mit dem Ziel, jegliches Nachdenken über eine ethisch verantwortungsbewusste Lebensweise ins Lächerliche zu ziehen.

Der Kampf gegen Menschen, die sich für Tiere und Umwelt einsetzen, ist ein Markenzeichen ausgerechnet der konservativen Parteien - die sich doch eigentlich für den Erhalt (conservare) der Mitwelt einsetzen müssten. Und da schließt sich der Kreis vom Wurstkönig zum CSU-Amigo Hoeneß. Dass man als Tierfreund bei den Konservativen keine guten Karten hat, musste auch schon die Österreichische Tierrechstsorganisation Verein gegen Tierfabriken erfahren. Die dortige konservative ÖVP weigert sich als einzige Partei vehement, den Tierschutz in die Verfassung aufzunehmen. Die Aktivisten um VGT-Obmann Martin Balluch wurden von der Österreichischen Justiz verfolgt und dem Vorwurf ausgesetzt, eine kriminelle Organisation zu sein - und später freigesprochen. Balluch wurde als einer von zehn Aktivisten im Zuge der sogenannten "Tierschutzcausa" über drei Monate in Untersuchungshaft genommen. Seine Erfahrungen darüber hat er in dem Buch "Tierschützer, Staatsfeind - in den Fängen von Polizei und Justiz" niedergeschrieben.

In Bayern zittert derweil Hoeneß vor der Justiz. Er allerdings nicht, weil er Tiere retten wollte, sondern vielmehr sein Geld vorm deutschen Steuerzahler. Letztlich bleibt da nur die Erkenntnis: Auch ein Wurstkönig ist nur ein armes, kleines Würstchen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen